Martin Lubenov ist einer der eigenwilligsten Akkordeonisten unserer Zeit: Virtuose, Komödiant und Geschichtenerzähler. Ausgehend von der Romamusik des südlichen Balkans und dem höchst anspruchsvollen Ethnojazz Bulgariens hat er auf seinem Instrument eine eigene musikalische Sprache geschaffen, ein Hybrid mit dermaßen persönlicher Färbung, dass Schubladen wie «Balkanmusik» an ihm zerbersten. Mag sein, dass manche seiner Schüler irgendwann seine Virtuosität erreichen, um Einfallsreichtum und Witz eines Martin Lubenov zu erreichen, gibt es nur eine Möglichkeit: Man muss Martin Lubenov sein.

Was macht seine Signatur aus? Ein Amalgam aus der höchst denkbaren Virtuosität, kompositorischer Raffinesse, zügelloser Intensität sowie dieser hinlänglich beschriebenen Leichtfüßigkeit und einem sich mit jedem Satz überschlagendem Humor. Lubenov erzählt mit seinen Kompositionen nie nur Geschichten, er zerlegt sie in Sub- und Metatexte voll Ironie und unerwarteter Pointen.

Sowohl Jazz-Akademismus als auch balkanisches Pathos sind ihm fremd - mit allem, was er angreift, jongliert er. So schaffte er es bislang, noch jedes Publikum, auch solches, das weder mit Modern Jazz noch Balkanfolk etwas auf dem Hut hat, zu verzaubern. Diese Heiterkeit und Verspieltheit nimmt seinen Zuhörern die Berührungsängste vor seiner auch intellektuell anspruchsvollen Musik. Lubenovs Akkordeon stellt somit die organische Fortsetzung seiner Persönlichkeit dar: schalkhaft, neugierig, menschenfreundlich und dennoch tiefgründig.

Als Solist oder mit seinen zwei aktuellen Ensembles - seinem Gypsy Orchester Martin Lubenov Orkestar und seinem Trio Martin Lubenov's Jazzta Prasta - hat er die Musik der Roma, Traditionen aller südosteuropäischen Länder, des Vorderen Orients, indische Rhythmen, französische Musette- und Manouchemusik und Latinmusik mit den formalen Möglichkeiten des Jazz und Klassik zu einem, extrem leidenschaftlichen, geist- und witzreichen Genre verschmolzen.

Martin Lubenov entstammt einer Roma Musikerfamilie aus Sofia. Als Kind bekam er Privatunterricht von einem der damals besten bulgarischen Akkordeonisten - Angel Vangelov. Sonst ist Lubenov ein Autodidakt in Sachen Musik. Um die Jahrtausendwende fand er seinen Lebensmittelpunkt in Wien, der Beginn einer wechselseitigen Bereicherung. Mit seiner CD „Dui Droma“ (Zwei Wege) gelang ihm einer der künstlerisch interessantesten Beiträge zu internationaler Romakultur, es folgte das hochgelobte Ethnojazz-Album „Veselina" seines Ensambles Jazzta Prasta.
Letztens hat Lubenov beide seine Projekte einem Relaunch unterzogen - mit der abgeschlankter (Trio) Version seines Jazzta Prassta Ensambles veröffentlicht er in März 2015 das Album "Impressions" und mit dem Martin Lubenov Orkestar produziert die Platte "Don't Worry, be Gypsy", deren release ist bald zu erwarten.

Sein Doku-Porträt "Jazzta Prasta or Where are the Bulgarian Notes" (Regie: Andrey Slabakov, Camera Film Sofia, 2009) gewann im September 2013 den Preis als bester Film beim 16. Mediterraneo Video Festival von Agropoli.

Richard Galliano, Renato Borghetti, Milcho Leviev, Vladimir Karparov, Ivo Papasov, Theodosii Spassov, Wolfgang Puschnig, Nicola Simeon, DJ Shantel, Alegre Corrêa und Aleksej Igudesman sind nur einige (prominente) Namen der ewig langen Liste an Musikern und Musikerinnen, die seine inspirierende Nähe suchten.