26/06/2006
Autor: 
Roland Spiegel
Issue: 
BAYERN 4 Klassik

BAYERN 4 Klassik, Sendung "Leporello"

(täglich 16.03 bis 19.00 Uhr)

CD-Tipp vom 9.6.2006
 

Martin Lubenov & Jazzta Prasta Band
"Veselina"
 
Martin Lubenov, Akkordeon
Vladimir Karparov, Saxophon
Nenad Vasilic, Bass
Ventsislav Radev, Drums
Assen Doykin, Klavier
Pejo Peev, Gadulka
 
Connecting Cultures Jazz/Galileo CC50026

 
Immer wieder erstaunlich, welche Funken die Verbindung von europäischer Folk-Musik und Jazz schlägt. In den letzten Jahren hat in dieser Hinsicht ein junger Akkordeonspieler aus Bulgarien stark auf sich aufmerksam gemacht: der 1976 in Sofia geborene Martin Lubenov. Mit wilden, höchst lebendigen Bigband-Aufnahmen kennt man ihn, und jetzt haut er einem mit seinem um einige Gäste verstärkten Quartett herrlich krumme Rhythmen und wunderbar lakonische und doch verschlungene Melodien um die Ohren - wobei ein schöner Hauch Melancholie dafür sorgt, dass einem das Ganze dann auch ins Gemüt fährt. Balkan-Folk, Musik der Roma, Jazz-Improvisation und außerdem Anleihen von Musette und sogar Salsa und Tango Nuevo vereinigen sich hier charmant und in ganz eigenen Farben. "Jazzta Prasta Band" heißt das Ensemble nach einem umgangssprachlichen Ausdruck (jasta prasta), der so viel wie "Tohuwabohu" und "Alles durcheinander" heißen soll. Und die CD "Veselina" ist ein Beweis dafür, wie wohlgeordnet, technisch brillant und zugleich intensitätsgeladen man "alles durcheinander" servieren kann.
 
Witz, Feuer und Herz hat diese Musik. Die Kompositionen stammen von Lubenov und seinen Bandmitgliedern selbst und changieren geistvoll zwischen den Stilen. Das schwindelerregend schöne Titelstück klingt wie eine deutlich osteuropäisch durcheinandergewirbelte französische Akkordeonmelodie - und ein Gadulka, also eine traditionelle bulgarische Fiedel, sorgt dabei für besonderes Kolorit. An anderer Stelle überlagern sich Salsa- und Balkan-Flair so, als würden zwei Bands aus unterschiedlichen Kontinenten zusammentreffen und im Verlauf weniger Takte ihre beiden Musik-Idiome zu einer einzigen Musiksprache verschmelzen. Dazu flirren und schillern in den Soli die Akkordeon-Läufe, ein Saxophon verschleift genussvoll die Töne, bringt sie in hochmoderner Stilistik zum Japsen und Sich-Überschlagen, und die Rhythmen wechseln zuweilen schneller, als man mitzählen kann. Das alles hat aber nichts von artistischem Muskelspiel, sondern kommt mit der organischen Natürlichkeit raffiniert fortgesponnener echter Folk-Musik daher. Erzmusikanten, die einer ungemein sinnlichen Spiel-Lust nachgehen - und die den Hörer bereits nach wenigen Takten mitreißen. Vielleicht steht "Jazzta Prasta" auch einfach für Vergnügen.

Martin Lubenov & Jazzta Prasta Band "Veselina" (cover)